Dallara IIF Griechenland Aufregung um die Verhandlungen zwischen Banken und Regierung in Athen: Charles Dallara, der Chef-Unterhändler des internationalen Bankenverbands IIF, reiste am Samstag überraschend ab. Ein Ergebnis
des Treffens wurde nicht bekannt. Das interpretierten mehrere Medien so, dass die Verhandlungen gescheitert seien. Die Folgen wären fatal: Es geht bei den Gesprächen um einen freiwilligen Verzicht privater Investoren auf einen Teil des Geldes, das sie Griechenland geliehen haben. Eine Einigung ist Voraussetzung dafür, dass das Land nicht pleitegeht.
Bild vergrößern Die Banken-Unterhändler Charles Dallara (l.) und Jean Lemierre verlassen das Büro des Premiers in Athen. (© AFP)
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Nach einigen Stunden beruhigte ein Sprecher des IIF die Gemüter: Die Gespräche seien nicht abgebrochen worden, Dallara habe nur einen "lange vorher vereinbarten privaten Termin in Paris" wahrnehmen müssen. Er sei für die Athener Regierung telefonisch jederzeit erreichbar, zudem gingen die Gespräche dort auf Expertenebene weiter. Am Sonntagabend meldete sich Dallara dann selbst zu Wort: Er sei zuversichtlich, dass eine Vereinbarung getroffen werden könne, sagte er einem griechischen Sender.
Für Unruhe sorgten auch Berichte, die griechische Regierung habe ihr Staatsdefizit vor zwei Jahren künstlich erhöhen lassen, damit die Lage des Landes dramatischer wirkt. Griechischen Medien zufolge hegt der für Finanzverbrechen zuständige Athener Staatsanwalt den Verdacht, die Statistikbehörde habe das Defizit auf Druck von Politikern Ende 2009 von 12 auf 15,4 Prozent hochgesetzt. Er übermittelte eine entsprechende Akte an den höchsten griechischen Gerichtshof. Seit Sonntagabend können die Griechen zudem im Internet nachlesen , wer dem Staat Steuern schuldet und damit für die Wirtschaftsmisere mitverantwortlich ist. Die Regierung veröffentlichte 4152 Namen, darunter die bekannter Sänger und Unternehmer. Sie schulden dem Staat insgesamt 15 Milliarden Euro.
Was die aktuellen Verhandlungen mit den Gläubigern angeht, hatten viele Beobachter schon für Freitagabend mit einem Ergebnis gerechnet. Da teilte der Bankenverband IIF aber nur mit, der private Schuldenschnitt werde "in die Tat umgesetzt". Im Hintergrund hieß es jedoch, dass es bei den Verhandlungen nach wie vor hake. Das Hauptproblem ist der Zinssatz der neuen griechischen Anleihen, in die private Investoren ihre alten Papiere tauschen sollen. Je niedriger der Zinssatz, umso mehr wird Griechenland entlastet, umso mehr müssen aber auch die privaten Investoren in ihren Büchern abschreiben.
Bankenverband und Regierung hätten sich schon auf vier Prozent geeinigt, hieß es in Athen. Doch dann habe sich der Internationale Währungsfonds (IWF) indirekt eingemischt. Er soll auf drei Prozent bestehen, da er davon ausgeht, dass vier Prozent nicht mehr reichen, um Griechenlands Verschuldung von 160 Prozent bis 2020 auf 120 Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung zu drücken. Drei Prozent würden aber bedeuten, dass Banken Anleihen um 80 Prozent abschreiben müssen, nicht wie geplant um 50 Prozent. Bis zu diesem Montag, wenn sich die EU-Finanzminister in Athen treffen, sollte eigentlich eine Absichtserklärung fertig sein. Es dauert Wochen, bis jeder Investor den freiwilligen Verzicht umsetzt. Erst dann fließen neue Hilfen von 130 Milliarden Euro durch IWF, EU und Europäischer Zentralbank (EZB). Mitte März braucht Griechenland das Geld, weil es dann Schulden von 14,5 Milliarden Euro neu finanzieren muss.
Das hochverschuldete Italien will indes den künftigen Euro-Rettungsschirm ESM auf eine Billion Euro verdoppeln. Regierungschef Mario Monti hat die Bundesregierung laut Spiegel davon schon in Kenntnis gesetzt. Vor allem Deutschland müsste das finanzieren. Auch ein Vorschlag von EZB-Präsident Mario Draghi geht in diese Richtung: Er will unverbrauchte Mittel des vorläufigen Rettungsschirms EFSF nicht auf den ESM anrechnen, sondern sie ihm zusätzlich zur Verfügung stellen. Bundeskanzlerin Angela Merkel lehnt aber eine Aufstockung ab. Es gibt jedoch eine Klausel, nach der das Volumen des ESM beim kommenden EU-Gipfel im März noch einmal überprüft werden soll.